Abendzeitung / 4. April 2001
Flaschenbier-Idylle
Jägerlatein á la Ganghofer mit Martin Sperr und Gabi Heller im Teamtheater
Bayerische Sommerfrische, wie sie sein soll: zwei Sonnenstühle, ein Campingtisch, Sonnenöl, ein Feldstecher, um Gemsen und Hirsche zu beobachten sowie ein Kühlschrank voller Flaschenbier. Wenn die Sommerfrischler dann allerdings so wirken, als seien Winnie und Willie im letzten Moment lebend Becketts „Glücklichen Tagen“ entronnen, so liegt das einerseits an der massiven Erscheinung Martin Sperrs, andererseits an dem Einkaufswagen voll von noch halb gefrorenen Geflügel, an dem seine Partnerin Gabi Heller irgendwie zufrieden herumtranchiert.
Sommersonnenklar hält dann auch die Ganghofer-Collage nicht, was sie an Wald- und Bergidyll verspricht: Sperr und Heller lesen unter dem Titel „Heimatglied“ in der Inszenierung von Hans Melzer drei Erzählungen Ludwig Ganghofers, die eher das Abseitige des romantisch-verklärten Bildes vom oberbayerischen Landleben beschwören.
Dazu gehört das wälderrauschende Jägerlatein vom „Grabenteufel“ ebenso wie die herzzer- reißende Geschichte vom greisen, in selbstlosen Einsatz verstümmelten Dackel Herzmanski, der alle Versuche, ihm einen schmerzlosen Gnadentod zu gewähren, in Treue überlebt. Ein skurriles Vergnügen für Freunde wie Feinde Ganghofers.
Mathias Hejny